Am 16. September 2020 kamen mehr als 70 Akteur*innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft virtuell zusammen, um über die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und die staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung auf Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und die Rolle und Rechte von Frauen zu diskutieren. Die Veranstaltung wurde von dem Frauennetzwerk aus Lateinamerika, der Karibik und Deutschland Unidas organisiert.
Nach der Begrüßung durch Pia Castro von der Deutschen Welle, wies Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik des Auswärtigen Amts, auf die historische Dimension dieses Jahres hin: 25 Jahre sind vergangen seit der sogenannten Pekinger Erklärung, die 1995 auf der Vierten Weltfrauenkonferenz verabschiedet wurde. Vor 20 Jahren wurde die UN-Resolution 1325 zu Frauen, Frieden und Sicherheit verabschiedet. Die Pandemie und die damit zusammenhängenden Einschränkungen führen uns vor Augen, wie viel Arbeit noch vor uns liegt in Anbetracht der verschärften Lage für Frauen und den bestehenden sozialen, politischen und wirtschaftlichen Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen.
Anschließend ging das Wort an Prof. Dr. Marianne Braig, Professorin am Lateinamerika-Institut der FU Berlin. Vor dem Hintergrund ihrer Erfahrung und langjährigen Forschung, erläuterte sie die Auswirkungen der Pandemie auf Frauen in Lateinamerika. Die schon vorher existierenden strukturellen Probleme und große Ungleichheit in den Gesellschaften in der Region verstärken die Auswirkungen der Pandemie nicht nur im Gesundheitswesen, sondern vor allem auch in ihrer sozialen Dimension: Frauen arbeiten häufiger in schlecht oder unbezahlten Jobs, besonders in Fürsorgetätigkeiten, deren Bedeutung während der Pandemie noch gestiegen ist. Frauen sind häufiger im informellen Sektor tätig, z. B. als Straßenverkäuferinnen. Die in vielen Ländern verhängten Ausgangssperren bedeuteten oftmals einen Verlust des Einkommens für viele Frauen. Dies erhöht die Abhängigkeit von ihren Familien und reduziert gleichzeitig die Möglichkeiten, häuslicher Gewalt zu entkommen.
Im Anschluss erzählte Sibel Kekilli, Schauspielerin und Gründungsmitglied von Unidas, von ihrer Arbeit im Netzwerk und dem im Februar dieses Jahres gegründeten Kulturhaus in Salvador da Bahia, Brasilien. Mit Unterstützung von Unidas und dem Goethe Institut wird das Frauenhaus für verschiedene Aktivitäten genutzt: als Bibliothek mit Büchern Schwarzer Autor*innen, für Yogakurse, Mentoringprogramme und als Beratungsstelle für Frauen mit geringem Zugang zu Bildung. Durch Interviews mit Überlebenden sexueller Gewalt und den Besuch eines Krankenhauses nur für Frauen, wurde die Aufmerksamkeit auf die Ursachen der Diskriminierung von Frauen u.a. durch Rassismus und den nach wie vor bestehenden Machismo gelenkt. Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie wurden im Rahmen von Unidas durch eine Kooperation zwischen dem bahianischen Frauenministerium, dem Goethe Institut und dem Auswärtigen Amt 1700 Corona-Carepakete an bedürftige Frauen vor Ort verteilt.
Bettina Metz, Geschäftsführerin von UN Women Deutschland, fokussierte sich in ihrem Beitrag auf die Kampagnen von UN Women für Geschlechtergerechtigkeit, wie z. B. Generation Equality, die sich generationenübergreifend für die Verwirklichung von Frauenrechten und die Gleichstellung der Geschlechter einsetzt. Krisen sind nie geschlechtsneutral und auch in der Covid-19-Pandemie sind insbesondere indigene Frauen, People of Colour und Mitglieder*innen der LGBT+-Gemeinschaft betroffen. Zur effektiven Krisenbewältigung ist es unerlässlich, dass es Frauen in Führungspositionen gibt, die durch andere Perspektiven weitere Dimensionen in die aktuellen Debatten einbringen können.
Im Anschluss an das Panelgespräch gab es noch eine Diskussion zu weiteren Aspekten wie die fehlende Aufmerksamkeit der Presse hinsichtlich der Situation von Frauen in Lateinamerika, die Wichtigkeit von Frauennetzwerken wie Unidas und den Schutz, den Institutionen und Organisationen gefährdeten Frauen geben können. Kurzgefasst: Es war eine spannende Veranstaltung, in der viele wichtige Aspekte zu Frauenrechten während der Pandemie angesprochen wurden. Unsere Arbeit ist noch lange nicht getan.